31.03.2020

Interview mit Jürgen Riepe zur Lage der Unternehmen in der Corona-Krise

Denn die Sparkassen übernehmen erneut eine wichtige Rolle zur Stabilisierung der Lage in der Corona-Krise und konnten Unternehmen bereits helfen!

Die Corona-Krise ist nicht nur eine existenzielle Herausforderung für das deutsche Gesundheitssystem, sondern auch für viele Unternehmen. Wie können Sparkassen schnell helfen?
Es stimmt, nicht für alle, aber für sehr viele Unternehmen geht es aktuell um das wirtschaftliche Überleben. Besondere Probleme haben diejenigen, die als Kleinunternehmer bisher von ihren wöchentlichen Einnahmen gelebt haben oder als größeres Unternehmen schon vor der Corona-Krise besondere wirtschaftliche Herausforderungen hatten. Die 378 deutschen Sparkassen sowie die Landesbanken stellen einen immensen Beratungsbedarf der Unternehmen und Selbständigen fest. Die Gesamtzahl der Anfragen nähert sich nach letzten Erkenntnissen bereits der Zahl von 300.000. Etwa in der Hälfte der Fälle konnte bereits in den ersten Tagen geholfen werden.

Es gibt Kritik aus Teilen der Politik und auch von Wirtschaftsverbänden, die Hausbanken würden nicht schnell genug handeln….
Für uns alle ist das eine Ausnahmesituation. Auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten unter extremen und außergewöhnlichen Bedingungen. Aber ich verstehe, dass es für einen Unternehmer, der schnell Geld braucht, nie schnell genug gehen kann. Von politisch Verantwortlichen erwarte ich allerdings, dass sie wissen, wovon sie sprechen: Bei den Kleingewerbetreibenden und Solo-Selbständigen hat man sich politisch entschieden, die vorgesehenen und nicht rückzahlbaren Direktzuschüsse, im Bundesprogramm 9.000 € bis 5 Beschäftigte und 15.000 € bis 10 Beschäftige, über landeseigene oder landesnahe Institutionen jenseits der Hausbanken zu vergeben.

Was bedeutet die jetzigen Abwicklung über die Landesverwaltungen?
Die Voraussetzungen in einzelnen Bundesländern sind derzeit unterschiedlich. Die Sparkassen sind bereit, durch Tilgungsaussetzungen oder Vorfinanzierungen in all denjenigen Fällen zu helfen, wo die Bonitätsvoraussetzungen dies zulassen. Allerdings werden wir in den jetzt vorgesehenen Verfahren kein Geld auszahlen können, ohne irgendeine Bestätigung der zuständigen Landesbehörden zu haben. Wir werden aber sicherstellen, dass auf Konten eingehende staatliche Direktzuschüsse den Begünstigten tatsächlich zur Verfügung stehen und nicht mit möglichen Zahlungsrückständen bei der Hausbank verrechnet werden.

Das sind die Kleingewerbetreibenden. Was ist mit den Großunternehmen?
Da ist meines Erachtens der öffentliche Fokus derzeit etwas schief. In den meisten Fällen richtet sich das vordringliche Interesse der Unternehmen auf den Umgang mit bestehenden Krediten. Erst in zweiter Linie geht es derzeit um die Aufnahme neuer (Förder-)Kredite. In rund der Hälfte der Fälle konnten die Sparkassen anfragenden Unternehmen bereits im Rahmen einer sparkasseneigenen Soforthilfe und ohne Inanspruchnahme staatlicher Programme unmittelbar helfen, meist durch Tilgungsaussetzungen.

Aber dauern die Kreditbearbeitungen bei den Hausbanken nicht zu lange?
Die erste wichtige Botschaft steckt schon in Ihrer Frage: Die meisten staatlichen Programme sind Kreditprogramme, keine Zuschüsse. Aus manchen politischen Äußerungen kann man derzeit einen anderen – unzutreffenden – Eindruck gewinnen. Damit ist eine Kredit- und Risikoprüfung zwingend erforderlich und rechtlich vorgegeben. Diese vorgeschriebene Kredit- und Risikoprüfung muss sich auf 100 % des Kreditvolumens und nicht etwa nur auf den Haftungsanteil der Hausbank beziehen. Denn bei der Hausbank liegen 100 % des Kreditrisikos, wenn die Risikoprüfung nicht in der vorgeschriebenen Weise durchgeführt wird.

Aber dauert das alles nicht dennoch viel zu lange?
Bei uns wurden alle Maßnahmen erheblich beschleunigt, alle verfügbaren Kräfte sind im Einsatz – und das zumeist unter ganz schwierigen Bedingungen im Home-Office, bei gleichzeitiger Kinderbetreuung und bei sehr hoher Nachfrage der Kunden in sehr kurzer Zeit. Die kreditrechtlich zulässigen Spielräume werden umfassend genutzt, um betroffenen Kunden schnell zu helfen. Die Sofortmaßnahmen der Sparkassen führen zumeist dazu, dass Anträge auf Förderkredite an die Landesförderinstitute und die KfW sorgfältig vorbereitet werden können und die dazu den Sparkassen zwingend auferlegte Kreditrisikoprüfung beschleunigt, aber sorgfältig durchgeführt werden kann. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass die Masse der Anträge die Förderinstitute erst zeitverzögert erreichen wird. Dabei wird sich, insbesondere in Bundesländern mit besonders leistungsstarken Förderprogrammen, der größte Teil auf die Landesprogramme richten.

Was kann getan werden, um die staatlichen Programme noch effektiver zu gestalten?
Wir würden gerne alles noch weiter beschleunigen. Dazu müsste die Politik höhere Haftungsübernahmen bzw. unmittelbare Zuwendungen an betroffene Unternehmen einerseits und Erleichterungen bei den aufsichts- und kreditrechtlichen Vorschriften für die Kreditvergabe schaffen. Wir haben dazu über unseren Dachverband DSGV bereits konkrete Vorschläge zu notwendigen Erweiterungen dieser Spielräume unterbreitet.

Jetzt haben wir vor allem über Unternehmen gesprochen, aber was ist mit privaten Kreditnehmern?
Alle deutschen Sparkassen haben bereits seit dem 26. März 2020 für Privatkunden eine Aussetzung von Zins- und Tilgungsleistungen für die Monate April bis Juni für Kunden umgesetzt, die Corona-bedingt Einnahmeausfälle haben und auch auf anderem Wege nicht zahlen können. Da wir unseren Kunden vertrauen, dass sie dieses Instrument nicht missbrauchen, können die Kunden selbst in unserer Internetfiliale die Tilgungsaussetzung automatisch veranlassen. Davon hat schon eine hohe fünfstellige Zahl von Kunden Gebrauch gemacht. Mit allen diesen Maßnahmen nehmen die Sparkassen und Landesbanken ihre öffentliche Verantwortung umfassend wahr. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten derzeit sieben Tage die Woche, fast rund um die Uhr. Wir tun, was möglich und verantwortbar ist.

 

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